Prozesse in Prüf- und Inspektions-Stellen - METRAS

Prozesse in Prüf- und Inspektions-Stellen


Keine Sorge, der Blog wird keine rechtlichen oder kriminellen Themen bearbeiten. Ich möchte mich mit den Themen Arbeitsabläufe, Regelungen, Verfahrensanweisungen usw. beschäftigen, und die Frage aufwerfen, warum die Prozessorientierung nicht endlich in die Akkreditierungsnormen aufgenommen wird. Aus meiner Sicht ist nämlich genau das der Umstand, weshalb viele Managementsysteme zum Papiertiger werden.

PRODUKTE

Jedes Unternehmen produziert ein Produkt, so auch die Konformitätsbewertungsstellen, sei es ein Prüf- oder einen Inspektionsbericht. Um ein Produkt oder eine Dienstleistung herstellen zu können werden Prozesse eingesetzt.

Ein Prozess ist also nichts anderes als ein Ablauf, ein Verfahren, ein Workflow. Diese werden in einer Regelung, einer Verfahrensanleitung oder einer Arbeitsanweisung definiert. Nennen wir diese Möglichkeiten der Einfachheit halber „Prozesse“.

PROZESSE

Wie ist ein Prozess definiert? Nun, da haben wir in den Akkreditierungsnormen eine Definition: „Satz von in Wechselbeziehung oder Wechselwirkung stehenden Tätigkeiten, der Eingaben in Ergebnisse umwandelt.

Schön, aber kompliziert! Der Ausdruck „Satz von Tätigkeiten“ weist darauf hin, dass ein Prozess aus mehreren Schritten (Tätigkeiten) besteht. „In Wechselwirkung“ bedeutet, dass es einen Zusammenhang zwischen diesen Tätigkeiten gibt und „Eingaben in Ergebnisse umwandeln“ bedeutet, dass ein Auftrag in ein Produkt mündet.

Man könnte Prozess demnach auch so definieren: „Zusammenhängende Tätigkeiten wandeln einen Auftrag in ein Produkt um.“

Hmm! Wenn dem so ist, muss dann jeder Prozess mit einem Auftrag gestartet werden? Ja, jeder Prozess braucht einen Auslöser als Starthilfe. Ein Auftrag in diesem Sinne kann auch eine Anfrage, eine Probe oder ein neuer Mitarbeiter etc. sein.

Wenn ein Kunde zu Ihnen kommt und eine Analyse einer Probe beauftragt, dann beginnt der Dienstleistungsprozess. Ja und das Produkt ist nun was? Für Ihren Kunden ist das in diesem Beispiel der Prüfbericht.

TEILPROZESSE

Allerdings besteht der Dienstleistungsprozess aus mehreren Teilprozessen. Im Sinne der Norm sind das z.B. Auftragsprüfung, Kundenberatung, Probeneingang, Probenvorbereitung, Analysenmethoden, Berichtserstellung, Rechnungserstellung und Postversand.

Jeder dieser Teilprozesse benötigt wiederum einen Auftrag oder Auslöser und liefert ein Teilprodukt. Natürlich sind die Abläufe intern so definiert, dass Ihre Mitarbeiter wissen, was zu tun ist, wenn eine Probe im Labor ist oder eine Inspektion durchgeführt werden soll.

ÜBERSICHT

An diesem Punkt lehnen wir uns etwas zurück und schauen das (Management-) System im Unternehmen an. In nachfolgender Grafik sehen Sie eine beispielhafte Darstellung einer Übersicht der Prozesse einer Prüfstelle und Inspektionsstelle.

tl_files/metras/dokumente/ProzesseGesamtPruefstelleV03.jpg

Daraus ergibt sich folgende Prozessliste, die beliebig unterteilbar und erweiterbar ist:

  • Leitungsprozesse
  • Dienstleistungsprozesse
  • Ressourcenprozesse
  • Unterstützende Prozesse

ÜBUNG

Vergleichen Sie die Prozesslandkarte mit Ihrer QM-Dokumentation und versuchen Sie die Auslöser (Aufträge) und die zugehörigen Ergebnisse (Produkte) zu identifizieren.

NORMEN

Die Anforderungen aus den Akkreditierungsnormen sind folgende:

Die 17020:2012 fordert:

8.1 Die Inspektionsstelle muss ein Managementsystem aufbauen und aufrecht erhalten, das die Fähigkeit besitzt, die Anforderungen nach dieser Internationalen Norm entweder in Übereinstimmung mit Option A oder Option B konsequent zu erfüllen.
8.2.4 Die gesamte Dokumentation, alle Prozesse, Systeme, Aufzeichnungen usw., die sich auf die Erfüllung der Anforderungen nach dieser Internationalen Norm beziehen, müssen in der Dokumentation des Managementsystems enthalten sein, darauf verwiesen werden oder mit diesem verbunden sein.
7.1.1 Die Inspektionsstelle muss bei den Inspektionen Verfahren und Anweisungen benutzen, die in den Anforderungen, nach denen Inspektionen durchzuführen sind, festgelegt sind.

Die 17025:2005 fordert:

4.2.1 Die Leitung des Laboratoriums muss ein Managementsystem einführen, umsetzen und aufrechterhalten, das seinem Tätigkeitsbereich angemessen ist.
Das Laboratorium muss seine grundsätzlichen Regelungen, Systeme, Programme, Verfahren und Anleitungen in dem erforderlichen Umfang schriftlich niederlegen, um die Qualität der Prüf- und/oder Kalibrierergebnisse zu sichern.

 

Und die neue 17025:2017 (CD2) wird voraussichtlich Folgendes fordern:

8.1 The laboratory shall establish, document, implement and maintain a management system that is capable of supporting and demonstrating the consistent achievement of the requirements of this International Standard and assuring the quality of the laboratory results. In addition to meeting the requirements of clauses 4 to 7 the laboratory shall implement a management system in accordance with option A or option B.
8.2.4 All documentation, processes, systems, records, etc. related to the fulfilment of the requirements of this International Standard shall be included, referenced, or linked to documentation of the management system.

BESCHREIBUNG

Die Beschreibung der Prozesse sollte nach dem Prinzip „so wenig wie möglich und soviel wie notwendig“ erfolgen. Der Detaillierungsgrad hängt von den Anforderungen der eigenen Mitarbeiter ab! D.h. bei geringem Fluktuationsgrad und hoher Kompetenz der Mitarbeiter wird ein geringerer Detaillierungsgrad benötigt. Die Art der Beschreibung hängt von den eigenen Möglichkeiten ab, Sie können eine Prosabeschreibung wählen oder eine graphische Darstellung in Form eines Flowcharts oder auch ein Video anfertigen lassen. Das Kriterium ist dabei die Verständlichkeit und Anwendbarkeit der Dokumentation durch die Mitarbeiter.

KENNZAHLEN

Wenn die Auslöser, die Prozesse und die Ergebnisse definiert sind fehlt noch ein Schritt zum Glück. Überlegen Sie sich die Erfolgskriterien der Prozesse. Überlegen Sie die Ziele, die Sie erreichen wollen und wie Sie den Erfolg bewerten wollen. Diese Prozesskriterien werden Kennzahlen genannt. Man kennt Kennzahlen vorwiegend aus dem wirtschaftlichen Umfeld (Umsatz, EBTA, Fremdkosten, Personalkosten etc.). Im Bereich der Konformitätsbewertung können Kennzahlen z.B. als Verbesserungsvorschlag pro Mitarbeiter, durchgeführte Audittage pro Abteilung, durchgeführte Analysen pro Fachgebiet, durchgeführte Inspektionen pro akkreditiertem Inspektionsverfahren uvm. definiert werden.

TIPP: Führen Sie eine Handvoll Kennzahlen ein und bewerten Sie diese beim nächsten Managementreview.

Auch bei den Kennzahlen gilt besser weniger und aussagekräftiger, als zu viele und zu unübersichtlich. Sehr wichtig ist es bei der Auswahl darauf zu achten, wie einfach die Datenbeschaffung ist. Wenn Sie z.B. eine Kennzahl zur Verfügbarkeit der Analysegeräte einführen wollen, müssen Sie auch die Ausfallszeiten aller Geräte aufzeichnen und diese auswerten können.

BEISPIEL

Der Beispielprozess „Dokumentenlenkung“ könnte mit der Kennzahl „Anzahl aktuelle Dokumente im Verhältnis zur Gesamtanzahl der Dokumente“ gemessen werden.

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VORTEILE

Die Vorteile der Prozessorientierung zur üblichen Darstellung der Normorientierung im QMH sind folgende:

  • Besserer Praxisbezug
  • Besseres Verständnis der Abläufe (Prozesse)
  • Höhere Mitarbeitermotivation
  • Einfachere Messbarkeit
  • Höheres Verbesserungspotential
  • Einfache Skalierbarkeit auf zusätzliche Unternehmensprozesse
  • Kosten und Nutzenzuordnung
  • Besserer Blick auf das Große
  • Schnelle Anpassung an Normanforderungen

RESÜMEE

Die neue 17025:2017 bietet Ihnen eine gute Gelegenheit, den Papiertiger beim Schopf zu packen und die eigenen Prozesse nutzvoll zu gestalten.

Die geplanten Neuerungen der 17025 können Sie hier nachlesen.

Falls Sie den Papiertiger nicht alleine bändigen wollen, stehe ich Ihnen gerne zur Seite.

Herzlichts Ihr

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Werner Weninger
Metras –  Wir verbinden Kompetenz mit Qualität

PS: Schauen Sie unser Akademieprogramm durch, dort finden Sie einige Veranstaltungen zum Thema „QM System“.

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