Neue Akkreditierungsanforderungen in Österreich– Leitfaden L05 „Akkreditierungserfordernisse“ - METRAS

Neue Akkreditierungsanforderungen in Österreich– Leitfaden L05 „Akkreditierungserfordernisse“

Seit August 2025 liegt die neueste Fassung des Leitfadens L05 der Akkreditierung Austria vor („Akkreditierungserfordernisse für Konformitätsbewertungsstellen“) – mit wichtigen Änderungen für Prüf-, Kalibrier- und Inspektionsstellen. In diesem Beitrag erfahren Sie die zentralen Neuerungen und was das konkret für Ihre Organisation bedeutet.

Was regelt der Leitfaden?

Der Leitfaden legt die Anforderungen für die erstmalige Akkreditierung einer Konformitätsbewertungsstelle (KBS) sowie Änderungen im Akkreditierungsumfang in Österreich fest. Er richtet sich an alle Typen von KBS: Prüf-, Kalibrier-, Inspektionsstellen.

Zentrale Neuerungen im Überblick

Die folgenden Änderungen sind gegenüber der Vorgängerversion zu beachten:

  • DigiDAISY – Zugang erst nach Antragseinreichung: Zugriff auf das Akkreditierungsportal ist erst möglich, wenn der Antrag per E-Mail eingereicht wurde.
  • Verpflichtung zur Daten- und Dokumenteneingabe im System: Änderungen im Umfang sind zusätzlich im DigiDAISY-System einzutragen.
  • Sprache und Rechtsrahmen konkretisiert: Akkreditierung Österreichisch-rechtlicher KBS; Antragssprache Deutsch, englische Dokumente nur mit Wort-gemäßer Übersetzung.
  • Erweiterte Anforderungen an Nachweise für Kalibrier- und Prüfstellen: z. B. stärkere Anforderungen an metrologische Rückführung, Validierung, Messunsicherheitsberechnung.
  • Neu: Anforderungen für Inspektionsstellen: Strukturierter Umfangsausweis gemäss Tabellen im Leitfaden; Vor-Ort-Beobachtung („Witnessing“) der Inspektoren.
  • Begutachtungs- und Entscheidungsverfahren geschärft: Klarere Regeln für Begutachtungsteilnehmende, Vertraulichkeit, WLAN/Krankheit bei Vor-Ort, formale Antragspflichten bei Änderungen im Umfang.
  • Änderungsverfahren und Kostenpflicht: Jede Änderung des Akkreditierungsumfangs (Erweiterung, Rücknahme, Normausgabeänderung) erfordert formelles Verfahren und ist kostenpflichtig.

Was bedeutet das konkret für Ihre Organisation?

Für Erstakkreditierung

  • Beim Antrag sind u. a. beizulegen: Firmenbuch- oder Vereinsregisterauszug, Organisationsdaten inkl. aller Standorte, Angaben zu rechtlichen/verwandten Beziehungen, Erklärung, daß in den letzten fünf Jahren keine Verurteilung wegen betrügerischen Verhaltens vorliegt.
  • Die Erklärung des Managements zur dauerhaften Erfüllung aller Akkreditierungsanforderungen ist jetzt zwingend beizulegen.
  • Zugang zum DigiDAISY-Portal wird erst nach Einbringung des Antrags per E-Mail gewährt.
  • Im Antrag auf Erstakkreditierung muss ein vollständiger interner Audit-Bericht (über alle Normpunkte) sowie ein Management-Review für ein Geschäftsjahr beigefügt sein.

Für Änderungen im Akkreditierungsumfang

  • Änderungen sind schriftlich per E-Mail von den benannten Ansprechpartner:innen oder der Leitung der akkreditierten KBS einzureichen.
  • Zusätzlich zur E-Mail ist gleichzeitig die Eingabe des Änderungsantrags im DigiDAISY-System erforderlich (inkl. Datenfelder und Nachweisdokumente).
  • Bei Norm- oder Dokumentenausgabeänderungen (z. B. Normrevision) ist eine GAP-Analyse inklusive Maßnahmenplanung beizulegen.
  • Jede Änderung im Akkreditierungsumfang (Aufnahme, Rücknahme, Ausgabedatumänderung) wird als eigenes Verfahren abgewickelt und ist kostenpflichtig.

Für Prüf- und Kalibrierstellen (z. B. nach EN ISO/IEC 17025 bzw. EN ISO 15189)

  • Nachweise zur metrologischen Rückführung und Validierung sind detaillierter gefordert.
  • Selbstent­wickelte Verfahren dürfen nur noch eingesetzt werden, wenn keine normativen Dokumente bestehen – und müssen präzise beschrieben und dokumentiert sein (Analyten, Matrix, Methode).
  • Der beantragte Akkreditierungsumfang muss genau bezeichnet werden: Norm, Kapitel, Verfahrenstitel. Nur so wird die Norm im Umfang aufgenommen.
  • Für Prüfstellen gilt: Verfahren dürfen erst dann angewandt werden, wenn Validierung abgeschlossen ist und Akkreditierung hierfür positiv zurückgemeldet wurde.
  • In Gefahr-in-Verzug-Fällen bei Prüfstellen gilt ein formaler Prozess mit behördlicher Bestätigung.

Für Inspektionsstellen (nach EN ISO/IEC 17020)

  • Es ist nun verpflichtend, dass jeder Inspektor eine Vor-Ort-Beobachtung („Witnessing“) durchführt und der Nachweis dafür im Antrag bzw. im System geführt wird.
  • Der Akkreditierungsumfang ist künftig in definierten Tabellen im Leitfaden aufzuzeigen (z. B. Tabelle 3 & 4) inkl. Zuordnung interner/externer Dokumente.
  • Prüftätigkeiten dürfen im Rahmen von Inspektionen durchgeführt werden, wenn die technischen Anforderungen der Norm erfüllt sind – jedoch ohne separate Prüfberichte, sofern keine Prüfstellenfunktion beansprucht wird.

Weitere Hinweise zur Begutachtung und Entscheidung

  • Bei Vor-Ort Begutachtungen sind Teilnahmebedingungen, Datenschutz, WLAN/Krankheit klar geregelt – Informationen, die vorher nur beiläufig vorhanden waren.
  • Akkreditierung Austria wird keine zusätzlichen vertraglichen Vereinbarungen fordern, über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Eine allgemeine Klausel in den AGBs reicht künftig nicht aus, wenn Zutritt zu Kundenstätten gewährt werden soll: konkret müssen Begutachter*innen eingetragen sein.
  • Akkreditierte Stellen müssen aktiv an der Aufklärung von Beschwerden mitwirken, wenn sie von Akkreditierung Austria dazu aufgefordert werden.

Handlungsempfehlungen für Ihre Praxis

  1. Interne Gap-Analyse: Prüfen Sie Ihr QM-System, die Dokumentation, das Umfangsverzeichnis und Änderungsverfahren mit Blick auf die neuen Anforderungen.
  2. Dokumenten- und Prozessanpassung: Achten Sie besonders auf die neuen Anforderungen bei Änderungsanträgen (DigiDAISY-Eingabe, GAP-Analyse), bei Inspektions- und Prüf-/Kalibrierumfang sowie dem Nachweis von Witnessing oder Validierung.
  3. Schulung & Sensibilisierung: Ihre Schlüsselpersonen (Leitung, Verantwortliche für Akkreditierung, Dokumentation) sollten die Neuerungen kennen und auf Änderungen im Ablauf vorbereitet sein.
  4. Begleitung durch METRAS: Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung: z. B. Erstellung der GAP-Analyse, Anpassung Ihrer Prozess- und Verfahrensanweisungen, Vorbereitung auf Begutachtung.

Fazit

Die neue Fassung des Leitfadens L05 bringt viele kleinere, aber relevante Präzisierungen, die über reine Textänderungen hinausgehen – insbesondere in den Bereichen digitaler Antrag/Änderung, Nachweisdokumentation, Inspektions- und Prüf-/Kalibrierumfang und Rahmenbedingungen. Für akkreditierte und akkreditierungsinteressierte Stellen heißt das: eher Proaktivität gefragt, denn alle werden mit erhöhtem Aufwand rechnen müssen.

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